Begrüßungsrede des Ibn Rushd Funds – in Deutsch von Nabil Bushnaq

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Meine Damen und Herren,
verehrte Gäste!

Im Namen des Ibn Rushd Fund for Freedom of Thought begrüße ich Sie ganz herzlich und freue mich, dass Sie trotz der vielen Feste nach Ramadan so zahlreich erscheinen sind. Ein frohes, verlängertes Eid al-Fitr wünsche ich den Muslimen, eine frohe Adventzeit und ein frohes Weihnachtsfest wünsche ich den Christen. Ich begrüße auch ganz herzlich unsere Gäste, die von weit her kommen, um unserer Preisverleihung beizuwohnen.

An erster Stelle aber  begrüße ich unseren Ehrengast, Dr. Azmi Bishara, arabisch-palästinensischer Abgeordneter der Knesset, der den IBN RUSHD Preis für Freies Denken heute erhalten wird.

ieber Dr. Bishara: haben Sie vielen Dank,
dass Sie in dieser politisch turbulenten Zeit inmitten ihres Wahlkampfes in der Heimat kommen konnten, um den IBN RUSHD Preis entgegenzunehmen. Das wissen wir durchaus zu schätzen.
Ich begrüße außerdem unseren zweiten Ehrengast und Laudator :Prof.Dr. Alexander Flores, Professor für Wirtschaftsarabistik an der Hochschule Bremen. Ich heiße Sie herzlich Willkommen.

Zehn ausgezeichnete arabische Parlamentarier aus dem Gebiet der Palästinenser vor 1948 und fünf arabischen Ländern standen in diesem Jahr auf der Kandidatenliste nach der öffentlichen Ausschreibung des vierten IBN RUSHD PREISES. Es reicht zu erwähnen, dass vier von den Kandidaten in arabischen und israelischen Gefängnissen sitzen, einem wurde bei einem Protestmarsch ins Bein geschossen. Sie alle hatten den Mut, den Kampf um Freiheit, Demokratie und Menschenrechte wagend aufzunehmen. Es sind Pioniere des arabischen Erwachens und der Wiedererlangung des Bewusstseins. Sie schlagen den Takt des Wandels. Ihnen gebührt unser Respekt.

Politische Systeme, die sich vor der Kritik verschließen und sich zunehmend isolieren, sind nicht fähig, sich weiter zu entwickeln. Sie ersticken jede Unabhängigkeit des Geistes und jede kreative Schöpfung im Keim. Sie stagnieren,  ihr langsamer Tod ist vorprogrammiert.

Wir widmen uns der Förderung des freien Denkens und der Demokratie in der arabischen Welt deshalb, weil wir glauben, dass es in einem demokratischen System viel Raum  für nationale, religiöse und kulturelle Unterschiede gibt, solange die Rechte der Staatsbürger und die Menschenrechte bewahrt bleiben.

Was die arabische Gesellschaft fordert, ist nichts anders als das, was alle Völker der Welt fordern:
Alle wünschen sich Freiheit, Unabhängigkeit, Achtung des Einzelnen, Gewährleistung der grundsätzlichen Menschenrechte und Schutz der Rechte von Minderheiten. Diese Rechte, die wir in westlichen Ländern genießen, werden nicht geschenkt. Für uns, ist es gewiß einfach, diese Rechte für die arabischen Länder zu fordern. Schwierig ist es jedoch für jene, die in diesen Ländern leben, sie in die Tat umzusetzen. Die hohe Einsatzbereitschaft dieser mutigen Personen, verdient unsere allerhöchste Achtung.

Wir sind stolz und froh, heute den Ibn Rushd Preis für Freies Denken an Azmi Bishara zu verleihen, in Würdigung seines Kampfes um Demokratie und Pluralismus in der palästinensischen und arabischen Gesellschaft. Die Entscheidung für Azmi Bishara wurde von einer vom Verein unabhängigen Jury getroffen, bestehend aus folgenden namenhaften Personen (von zwei Frauen und drei Männern) aus verschiedenen Ländern der arabischen Welt:
Dr. Hussain Shaban (Irak/London)    
Jurist und Autor, Vorsitzender der arabischen Organisation für Menschenrechte in London.
Muhammad Fa’iq (Ägypten)
Generalsekretär der arabischen Organisation für Menschenrechte, Direktor des Verlaghauses Dar al-mustaqbal al-arabi.
Dr. Khalil Shikaki (Palästina)
Politikwissenschaftler, Universitätsdozent und Herausgeber der wissenschaftlichen Zeitschrift al-Siyasa al-filastiniyya, Direktor des „Center for Palestine Research and Studies“ in Nablus (1993-1995)
Zulaikha Abd ar-Rahman Abu Risha (Jordanien)                 
Akademikerin, Schriftstellerin, Verlegerin, Direktorin des Zentrums für Frauenstudien in Amman, und Dichterin  
Siham al-Barghouthi (Palästina)
Generaldirektorin der ländlichen Entwicklung im palästinensischen Ministerium für Lokalverwaltung, Mitglied im Politbüro  der palästinensischen demokratischen Union
Vorsitzende der palästinensischen Frauen-Arbeiterunion.

Der Wert dieses Preises ist an erster Stelle symbolisch. Er soll aussagen: Es gibt einen Sinn für die gemeinsame solidarische Arbeit, auch wenn wir nur kleine Schritte gehen, langsam aber sicher, in Richtung Öffnung zur freien Selbstverwirklichung ohne Angst vor Unterdrückung. Wir wollen den Menschen im Mittelpunkt der arabischen Gesellschaft und Politik sehen, nicht den Herrscher.
Wir in der Diaspora wünschen, dass das mutige palästinensische Volk für seinen Kampf um Freiheit bald mit den ihm zustehenden legitimen Rechten, der Befreiung der besetzten Gebiete und der Gründung eines unabhängigen demokratischen Staates, belohnt wird.

Wir haben – dank vieler Spenden – bis jetzt an unserem Vorhaben festhalten können, finanziell vollkommen unabhängig zu bleiben. Damit möchten wir unbedingt fortfahren, so schwer es auch ist. Wir brauchen die Hilfe aller, die die Idee der Förderung des Geistes in der arabischen Welt gut finden. Mit Ihrer Hilfe und Solidarität können wir noch mehr Vorkämpfer und Pioniere jedes Jahr am Todestag des Philosophen  Ibn Rushd ehren und auszeichnen.

Allen, die uns unterstützt haben, möchten wir herzlich danken.   

Lieber Herr Bishara, wir wünschen Ihnen Gesundheit und Lebenskraft, dass Sie Ihren Kampf um die Rechte der Palästinenser und der arabischen Gesellschaft erfolgreich fortführen können und wir weiterhin von Ihrem Kenntnisreichtum, Ihren Erfahrungen und Ihrer Weitsicht lernen können. Wir wünschen Ihnen viel Erfolg.

Berlin 14.12.02

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